Beantworten Sie Fragen nicht sofort

Bevor es mit diesem Abschnitt losgeht, eine Frage an Sie: Trinken Sie morgens lieber Tee oder Kaffee zum Frühstück?

Kaffee oder Tee zum Frühstück? - Foto: Alexandra Maier / pixelio.de

Mal ganz ehrlich, haben Sie eben diese Frage für sich in Gedanken beantwortet? Vielleicht haben Sie ein wenig innegehalten und sich gefragt, was das wohl mit Schlagfertigkeit zu tun haben könnte, aber die meisten werden doch gleich eine Antwort parat gehabt haben. Werden wir im direkten Gespräch von unserem Gegenüber befragt, ist dieser Antwortreflex noch viel ausgeprägter.

Wir beantworten Fragen meist sehr direkt, weil es uns in unserer Erziehung durch Eltern und Lehrer so eingebläut wurde: »Antworte gefälligst!« und »Auf eine Frage antwortet man nicht mit einer Gegenfrage.«, so oder so ähnlich wurde es uns immer wieder gesagt. Seitdem folgen wir diesem Reflex wie Marionetten an der Schnur.

Hinterlistige Gesprächspartner nutzen diesen Reflex aus, um Sie mit einer geschickten Fragetechnik in eine bestimmte Richtung zu drängen. Als Opfer solcher Strategien geben wir Informationen preis, die wir besser für uns behalten hätten und stimmen Dingen zu, die wir unter normalen Umständen abgelehnt hätten. Sie kennen diese Vorgehensweise von Vertretern und Mitarbeitern von Call-Centern. Die Fragetechniken in deren Gesprächsleitfäden zielen darauf ab, dass Sie am Ende einen Vertrag unterschreiben oder das angebotene Produkt kaufen.

Der Antwortreflex wird häufig genutzt, um uns zu manipulieren, uns in Bedrängnis zu bringen oder uns zu zwingen, uns zu Dingen zu äußern, über die wir lieber nichts oder noch nichts sagen wollen.

In solchen Situationen ist es gut, wenn Sie eine Methode kennen, mit der Sie dem Antwortreflex entkommen. Trainieren Sie, auf Fragen mit einer Gegenfrage zu antworten.

Ich rate Ihnen, zunächst einmal in Situationen zu trainieren, in denen Sie selbst entspannt sind. Drehen Sie den Spieß mal um, stellen Sie eine Gegenfrage und lassen Sie sich überraschen, was passiert.

Trainieren Sie, auf Fragen mit einer Gegenfrage zu antworten.

Früher war ich von den vielen Verkaufsanrufen genervt. Mitarbeiter eines Call-Centers hatten mich in ihrer Datenbank gespeichert und nun wurde ich mit Anrufen belästigt, die mir eine neue DSL-Leitung, eine Versicherung oder Kapitalanlage aufschwätzen wollten. Heute betrachte ich diese Anrufe als kostenlose Trainingsmöglichkeit:

Das Telefon klingelt. Im Display wird keine Nummer angezeigt. Ich bin vorgewarnt. Als ich abhebe, meldet sich eine männliche Stimme:

»Guten Tag, Bernhard vom Fallensbach-Institut, wir machen eine Umfrage. Sind Sie auch der Meinung, dass Sie zu viele Steuern bezahlen?«

(Achtung: Frage! Jetzt kontere ich mit einer Gegenfrage.)

»Wie war Ihr Name?« 

»Bernhard. Sind Sie auch der Meinung, dass Sie zu viele Steuern bezahlen?«

(So schnell kriegt er mich nicht … .)

»Guten Tag, Herr Bernhard, von wo rufen Sie denn an?« 

»Aus Thüringen.« 

»Thüringen, toll, sage ich begeistert, Wie ist denn das Wetter in Thüringen?« 

Er brummelt: »Es regnet.«

»Wie gern telefonieren Sie denn mit wildfremden Leuten? […]«

Probieren Sie das doch auch einmal aus. Insbesondere, wenn Sie ohnehin kein Interesse an einem telefonischen Angebot haben, ist es eine wunderbare Möglichkeit, Ihre Kommunikationsfähigkeit zu trainieren.

Es kommt dabei nicht darauf an, welche Fragen Sie stellen, sondern nur, dass Sie trainieren, Ihr Gegenüber in den Antwortreflex zu bringen. Sie werden sich wundern, was Sie alles über Call-Center-Mitarbeiter erfahren können. Wenn Sie diese Technik in solchen unkritischen Situationen beherrschen, wird es Ihnen viel leichter fallen, diese Technik in den wirklich kritischen anzuwenden.

 

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