Vorwürfe abprallen lassen

»Was kümmert es die stolze Eiche, wenn sich eine Wildsau an ihr wetzt.«

Deutsches Sprichwort

Foto:sabine schmidt : pixelio.de

Wenn Sie die Empfindung haben, auf einen Vorwurf oder auf die Aufforderung zu einem verbalen Duell reagieren zu müssen, stehen Sie unter einem Zwang. Bitte machen Sie sich klar: Sie haben immer die Wahl, ob Sie reagieren oder nicht. »Ja, aber wenn jetzt jemand schlimme Dinge über mich erzählt, dann muss ich doch parieren!« werden Sie sagen. Müssen Sie wirklich? Was passiert, wenn Sie nicht reagieren? Zugegeben, das hängt davon ab, was, wann, wo gesagt wird.

Nehmen wir mal an, Sie spielen in einer Mannschaft Fußball. Sie sind mitten in einem Turnier, und haben gerade ein Spiel verloren. Die Stimmung ist schlecht im Team. Sie diskutieren einen Spielzug mit Ihrem Verteidiger Martin. Er ist anderer Meinung als Sie. Plötzlich raunzt er sie an »Ach, Du hast doch überhaupt keine Ahnung von Fußball«.

Eine Unverschämtheit! Natürlich gibt es für diesen Fall clevere Kontersätze, sogar solche, mit denen Sie es ihm ein wenig heimzahlen könnten, aber nehmen wir mal an, Sie schweigen. Was würde passieren? Die Wahrheit ist: Gar nichts, selbst wenn andere Mitspieler zugehört haben, nach wenigen Minuten wäre der unachtsam ausgesprochene Einwurf von Martin vergessen. Hätten Sie allerdings dagegengehalten und Martin ebenso (Sie haben ja ein Wettkampf-Spiel verloren, negative Emotionen sind also ausreichend vorhanden), dann könnte die kleine Bemerkung auch der Zündfunke zu einem handfesten Streit sein, der die Beziehung zwischen Ihnen beiden dauerhaft ruiniert hätte.

Ihr erster Drang, bei Angriffen zu reagieren, ist meist von Rachegefühlen geprägt. Das ist nicht immer die beste Reaktion. Die meisten unverschämten Bemerkungen im privaten Bereich brauchen nicht kommentiert zu werden. Souveräne Menschen geben sich die Wahlfreiheit zu reagieren oder bewusst zu schweigen.

Ein anderes Beispiel: Sie haben sich neu eingekleidet. Sie sind der aktuellen Mode gefolgt und haben sich etwas farbenfroher und jugendlicher gekleidet, als man das von Ihnen gewohnt ist. Als Sie das erste Mal in Ihrem neuen Style durch das Büro gehen, hören Sie, wie Kollege Schupp zu Herrn Oberfrier sagt: »Ach, da schau her, Herr Schmitt im neuen Outfit. Da trauert wohl einer seiner Jugend nach.«»Was für eine Frechheit!« denken Sie und hätten gern einen guten Spruch abrufbar (Übrigens: Schon bei den Standardantworten in früheren Artikeln finden Sie einiges, was hier passt…)

Auch hier mal angenommen, Sie täten nichts. Wäre Ihr Ruf ruiniert und könnten Sie deshalb am nächsten Tag nicht mehr ins Büro kommen? Natürlich nicht. Eigentlich passiert gar nichts, es sei denn, Sie leiden unter dem Ärger, den Sie empfinden. Am meisten schmerzt es Sie übrigens, wenn an der Bemerkung ein Funken Wahrheit dran ist. Aber dazu später mehr.

Geben Sie sich selbst die Freiheit zu entscheiden, ob Sie auf Frotzeleien und Unverschämtheiten reagieren. Nicht jede Bemerkung ist es wert, eine Erwiderung zu erfahren. Je weniger Sie den Einwurf thematisieren, desto weniger Aufmerksamkeit bekommt er. Sie beweisen Ihre Souveränität, wenn Sie sich nicht wegen jeder kleinen Kritik auf einen Kampf einlassen.

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