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Unter dem Titel „Ich kann Kanzler“ suchte das ZDF gestern Abend „Politiktalente“ und junge ideen für die Politik. Der Ansatz war junge Menschen mit neuen Impulsen zu suchen, das Ergebnis war niederschmetternd. Allerdings wäre das ganze als Comedy-Sendung unter dem Titel „Politik-Switch reloaded“ sicher gut angekommen.

Die Kandidaten, die das ZDF aus über 2500 Bewerber gecastet hat, wurden vermutlich nach stromlinien-förmiger Rhetorik ausgewählt. Da blieb keine Phrase ungehört: „Wenn alle anpacken, können wir es schaffen,“ „Leistung muss sich wieder lohnen,“ „wir haben keine Rohstoffe, nur die Menschen,“ bis hin zu „herrliche Zeiten sind in Sicht!“

Der sicherlich honorige Tübinger Rhetorik-Professor Knape kommentierte diese Reden versonnen: „Nun ja, er spricht den Mittelstand an, das klingt nach Spartenpolitik.“ Dass keiner mal auf den Tisch haut und sagt: „Politikverdrossenheit bekommen wir nicht mit den alten Sprüchen bewältigt.“ ist sehr schade – oder einfach ungewollt gut gelungene Satire.

Die Konzepte der Kandidaten boten weniger Widerstand als ein Regentropfen auf einer frisch gewachstem Autolack findet – falls überhaupt Ideen vorhanden waren. Wenn die Aufgabe gewesen wäre, nur Große-Koalitions-konforme Aussagen zu treffen, hätte sie nicht besser erfüllt werden können. Juror Günther Jauch, der sich selbst als kritisch bezeichnet, blickt dabei nonchalant in die Gegend und richtet nur wenig unbequeme Fragen an die Kandidaten. Wo außer einer Phrasen-Fassade nichts ist, kann auch nicht viel hinterfragt werden.

Herzerfrischend die Antwort der unbeschwerten Plaudertasche Nuray Karaca („Herrliche Zeiten sind in Sicht!“). Auf Jauchs Aussage: „Ich glaube dass Sie im Moment noch sehr naiv sind.“, antwortete sie: „Ja, das sagen viele.“ So viel Ehrlichkeit wird belohnt und bekommt dann von der Jury „ein knappes Ja“.

Am Ende bleibt die gleiche Leere, die junge Menschen bei den vorhandenen Politikern ohnehin schon finden. Sieger wurde übrigens der Dünnbrettbohrer mit dem noch origenellsten Spruch „Machen. Nicht immer meckern!“.

Wären die Protagonisten angetreten Politiker-Parodien darzubieten, müssten sich Max Giermann & Co warm anziehen. So darf für Deutschlands Politik weiter schwarz gesehen werden.

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